In diesem Artikel werden wir die Auswirkungen von Genfluss archaischer Menschen zu Homo sapiens auf die heutige Gesellschaft untersuchen. Seit seiner Entstehung hat Genfluss archaischer Menschen zu Homo sapiens die Aufmerksamkeit von Menschen auf der ganzen Welt auf sich gezogen und leidenschaftliche und emotionale Diskussionen ausgelöst. Im Laufe der Jahre hat sich Genfluss archaischer Menschen zu Homo sapiens weiterentwickelt und an Veränderungen in der Gesellschaft angepasst, wodurch verschiedene Aspekte des täglichen Lebens beeinflusst wurden. Durch diese Analyse werden wir die Rolle untersuchen, die Genfluss archaischer Menschen zu Homo sapiens in Kultur, Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen gespielt hat, sowie seinen Einfluss auf die Art und Weise, wie Menschen die Welt um sich herum wahrnehmen. Mit einem kritischen und reflektierten Blick werden wir versuchen, die Auswirkungen, die Genfluss archaischer Menschen zu Homo sapiens auf unsere Gesellschaft hatte und weiterhin hat, besser zu verstehen.
Genfluss von archaischen Menschen zum anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) trat nach heutigem Forschungsstand mindestens zweimal in der Geschichte der Gattung Homo auf: zum einen von Neandertalern, zum anderen von der als Denisova-Menschen bezeichneten Population. Ein kleiner Anteil, geschätzt 1 % bis 4 %, der DNA von Eurasiern und Nordafrikanern ist nicht „modern“ und stimmt mit der des Neandertalers überein, während diese genetischen Marker bei Afrikanern aus dem Bereich südlich der Sahara (das heißt bei den untersuchten Angehörigen der Yoruba und der San) nicht nachweisbar waren.
Bei Melanesiern stammt ein zusätzlicher Anteil von geschätzt 4 % bis 6 % ihrer DNA den Interpretationen der Forscher zufolge von engen asiatischen Verwandten der Neandertaler, den Denisova-Menschen. Eine 2011 erstellte DNA-Analyse weist auch bei Afrikanern auf einen dritten Genfluss von einer bislang unbekannten, ausgestorbenen archaischen Population hin.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts sind anhand von anatomischen Merkmalen verschiedene Hypothesen über eine mögliche Verpaarung von Neandertalern und anatomisch modernen Menschen in der mittleren Altsteinzeit, diskutiert worden; in den 2000er Jahren auch unter Verweis auf die Genetik.
Die genetischen Analysen deuten darauf hin, dass es mehrfach und unabhängig voneinander zum Genfluss zwischen Neandertalern und Homo sapiens gekommen ist. So ist es vermutlich schon vor mehr als 270.000 Jahren zu einem Genfluss zwischen beiden Arten gekommen; spekuliert wurde, dass dieses Ereignis sich im Nahen Osten unter Beteiligung einer aus Afrika stammenden Population des Homo sapiens zugetragen haben könnte.
Die Vermischunghypothese (auch: Hybridisierungs-Theorie) wurde seit der Entdeckung der ersten Neandertaler-Überreste im 19. Jahrhundert in Fachkreisen diskutiert. Zunächst war angenommen worden, dass die Neandertaler die direkten Vorfahren des modernen Menschen waren; er galt als ein Vorgänger, aus dem sich der moderne Jetztmensch entwickelt habe. So vermutete Thomas Huxley, dass viele Europäer noch Spuren ihrer Neandertaler-Vorfahren in sich trügen, und zwar negative Eigenschaften wie Primitivismus. Ferner sei die Fortentwicklung vom Neandertaler zum Jetztmenschen bei allen – damals als Rassen deklarierten – Ethnien parallel vonstattengegangen: eine Hypothese, die im 20. Jahrhundert als „multiregionales Modell“ bezeichnet wurde.
Im Jahre 1907 wies der dänische Ethnograph Hans Peder Steensby in seinem Artikel Rassenstudien in Dänemark die Deutung zurück, dass die Neandertaler affenähnlich oder minderwertig gewesen wären. Vielmehr seien alle heutigen Menschen gemischter Herkunft. Eine Kreuzung von Mensch und Neandertaler sei die beste zur Verfügung stehende Erklärung für die Mehrzahl der damals bekannten Befunde.
In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts vertrat Carleton S. Coon die Auffassung, dass die sogenannte kaukasische Rasse aus einer doppelten Vermischung entstanden sei. Zunächst habe in der Altsteinzeit eine Vermischung von Neandertaler und Homo sapiens stattgefunden. Später habe erneute Vermischung dieser Hybriden mit Homo sapiens aus dem Mittelmeerraum stattgefunden. Er wiederholte seine Theorie in seinem 1962 erschienenen Buch The Origin of Races.
Der britische Psychologe Stan Gooch entwickelte in seinen Werken Personality and Evolution (1973) und The Neanderthal Question (1977) ebenfalls eine Theorie über die angebliche Hybridisierung von Neandertaler und Cro-Magnon-Menschen. Diese Theorie beruhte jedoch nicht auf einem Vergleich der anatomischen Merkmale beider Populationen, sondern stützte sich im Wesentlichen auf Goochs Interpretation der modernen menschlichen Psychologie und der Gesellschaft, von denen er meinte, diese seien wenigstens teilweise auf die Neandertaler-Kultur zurückführbar. Obwohl seine Theorien von der wissenschaftlichen Paläoanthropologie abgelehnt wurden, entwickelte er seinen Ansatz in den Werken Cities of Dreams (1989) und The Neanderthal Legacy (2008) weiter.
Der Fokus der Debatte verschob sich in den 2000er Jahren von dem Studium der Anatomie hin zum Feld der Archäogenetik, nachdem die Fortschritte in diesem Bereich ab 2006 Hoffnungen auf eine Entschlüsselung des Neandertaler-Genoms weckten.
Einer der lautesten Befürworter der auf anatomische Gründe gestützten Hybridisierungsthese war Erik Trinkaus von der Universität Washington. Trinkaus interpretierte zahlreiche Fossilien als Hybriden, darunter das Kind von Lagar Velho, ein Skelett das in Lagar Velho (Portugal) gefunden und auf etwa 24.000 Jahre datiert wurde. In einer weiteren Veröffentlichung aus dem Jahre 2006, deren Co-Autor Trinkaus ist, wurden die im Jahre 1952 in der Höhle von Peștera Muierii (Rumänien) gefundenen Fossilien ebenfalls als Hybriden gedeutet.
In seinem Werk „Neanderthal“ weist Paul Jordan darauf hin, dass ohne eine Vermischung bestimmte Funktionen auf einigen „modernen“ Schädeln von osteuropäischen Cro-Magnon-Menschen schwer zu erklären seien. In einer weiteren Studie haben die Forscher kürzlich in Peştera Muierilor (Rumänien) Überreste von Menschen gefunden, die auf ein Alter von 30.000 Jahren datiert wurden. Diese wiesen anatomische Merkmale auf, die meist als „modern“ diagnostiziert werden. Zugleich verfügen sie aber – den Interpretationen der Forscher zufolge – über Merkmale, die typisch für Neandertaler, nicht als Parallelevolution erklärbar und beim frühen Homo sapiens in Afrika nicht ausgebildet gewesen seien. Dazu wurden gezählt: eine große Wölbung an der Rückseite des Schädels, ein stärkerer Ansatz am Ellenbogengelenk und ein schmaler Sockel am Schultergelenk. Mit der Analyse der Schulter eines Individuums wurde gezeigt, dass dieses, wie ein Neandertaler, wohl nicht über die volle Leistungsfähigkeit beim Speerwurf verfügte.
Die paläontologische Analyse der Entwicklung des modernen Menschen in Europa hat sich von der Betrachtung des Neandertalers hin zur Biologie und Chronologie der frühesten modernen Menschen im westlichen Eurasien verlagert. Dieser Fokus, der den morphologisch modernen Menschen vor 28.000 Jahren einschließt, zeigt vermehrt Hinweise darauf, dass sie ein variables Mosaik von modernen Menschen, archaischen Menschen und Neandertaler-Merkmalen darstellen. Studien von Fossilien aus den oberen Ebenen der Sima de las Palomas, Murcia (Spanien), datiert auf 40.000 Jahre, belegen eine späte Persistenz der Neandertaler auf der iberischen Halbinsel. Dies stützt die Schlussfolgerung, dass die Neandertaler durch das Vorrücken des modernen Menschen nicht nur verdrängt oder gar hinweggefegt wurden.
Hinzu kommt, dass die Neandertaler Palomas' eine Reihe von Merkmalen des modernen Menschen aufweisen, die selten oder gar nicht in früheren Neandertalern ausgebildet waren. Entweder entwickelten sie sich selbständig hin zu den modern-menschlich anmutenden Merkmalen oder, was wahrscheinlicher ist, sie hatten Kontakt mit frühen modernen Menschen rund um die Pyrenäen. Wenn letzteres der Fall ist, impliziert dies, dass deren Fortbestehen in der Mittleren Altsteinzeit auf der iberischen Halbinsel eine Frage der Wahl war, und nicht kulturelle Retardierung.
Die von Forschern aus der Arbeitsgruppe von Svante Pääbo im Mai 2010 veröffentlichte DNA-Sequenz des Neandertalers zeigt, dass nicht-afrikanische Populationen des anatomisch modernen Menschen einige genetische Gemeinsamkeiten mit Neandertalern aufweisen. Den Autoren dieser Studie zufolge ist dies am besten durch einen Genfluss vom Neandertaler zum anatomisch modernen Menschen zu erklären, der vermutlich im Nahen Osten auftrat. Geschätzt 1 bis 4 % der DNA der Europäer und der Asiaten (Probanden französischer, chinesischer und papuanesischer Abstammung) stimmt mit der DNA der Neandertaler überein. Bei Probanden aus den Regionen südlich der Sahara (bei Probanden der Yoruba und der San) ließen sich diese Gene nicht nachweisen. Einige Forscher vermuten sogar einen Genfluss von 3,4–7,9 % in eurasischen Populationen.
In jüngeren Studien wurde bei Ostasiaten ein höherer Anteil eines Genflusses vom Neandertaler zu Homo sapiens, im Vergleich zu Europäern, festgestellt. Hieraus wurde zum einen auf mindestens zwei verschiedene Genfluss-Ereignisse geschlossen und zum anderen darauf, dass der zweite Genfluss bei Ostasiaten nach der Trennung der beiden Gruppen aufgetreten sei. Als weitere Erklärungsansatze für den Unterschied werden diskutiert: Aufgrund einer möglichen späteren Abwanderung der Vorfahren der Europäer habe eine Verdünnung dieses Anteils eintreten können und bei Ostasiaten habe eine geringere durch Evolutionsdruck verursachte Selektion stattgefunden. Ferner wurde festgestellt, dass innerhalb europäischer Populationen eine geringe aber signifikante Variationsbreite des Neandertaler-Anteils vorliegt, die sich bei ostasiatischen Populationen nicht wiederfindet.
In der mitochondrialen DNA der modernen Europäer waren zuvor keine Hinweise auf Neandertaler-Gene gefunden worden, was darauf hindeutete, dass keine direkte mütterliche Linie mit Neandertaler-Ursprung bis in die Neuzeit überlebt hätte.
Veränderung im Microcephalin-Gen des Menschen, das einen wichtigen Einfluss auf die Gehirngröße hat, wurde ebenfalls als möglicher Beleg für einen Genfluss angeführt. Der Funktionsverlust dieses Gens durch schädliche Mutationen kann zu Mikrozephalie führen. Ein Typ dieses Gens, welches als (modernes) „D“ bezeichnet wird, hat eine weltweite Verbreitung von 70 %. Jedoch weist es ein junges Koaleszenz-Alter auf. Der jüngste gemeinsame Vorfahr der Träger dieses Gens lebte vor etwa 37.000 Jahren. Die übrigen Arten dieses Gens, bezeichnet als „Non-D“ oder „Nicht-D“, koaleszensieren auf vor etwa 990.000 Jahren. Die Trennung der D- und Nicht-D-Gene fand schätzungsweise vor 1.100.000 Jahren statt. Es ist möglich, dass das D-Gen seinen Trägern einen evolutionären Vorteil verschaffte; dies ist aber umstritten.
Da die Verbreitung des D-Allels außerhalb Afrikas groß, jedoch in der Region südlich der Sahara mit 29 % geringer ist, wurde vorgeschlagen, hieraus auf die Beteiligung einer archaischen eurasischen Bevölkerungsgruppe zu schließen. Schätzungen der Divergenz-Zeit von modernem Menschen und Neandertaler, basierend auf der mitochondrialen DNA, legen nahe, dass es sich bei dieser archaischen Bevölkerungsgruppe um die Neandertaler handelt, von denen dieses Gen durch Introgression in den Genpool des modernen Menschen gelangte. Doch eine Untersuchung der DNA aus den Neandertaler-Fossilien aus der Vindija-Höhle (Kroatien) durch Svante Pääbo zeigte, dass diese das Nicht-D-Allel für Microcephalin enthielt und es keine Anzeichen für Genfluss oder Einkreuzung gibt. Eine Studie, die im Mai 2010 veröffentlicht wurde, belegte jedoch, dass einer der Neandertaler aus der Mezzana-Fundstelle (Monti Lessini, Italien) Träger der älteren Version des D-Allels war, die bei eurasischen modernen Menschen häufig ist. Diese Studie schloss Kreuzungen zwischen Neandertalern und Homo sapiens nicht aus, konstatierte aber, dass der einzelne DNA-Befund die These der Übergabe des D-Allels vom Neandertaler an den modernen Menschen nicht stützen könne.
Aufgrund einer Studie aus dem Jahre 2001 über das Gen, das beim Menschen zu Rothaarigkeit führt, wurde spekuliert, dass der Neandertaler rote Haare gehabt haben könnte und diese Eigenschaft an rothaarige und sommersprossige moderne Menschen weitergegeben haben könnte. Im Rahmen einer Studie zur Analyse der Neandertaler-DNA aus dem Jahre 2007 wurde festgestellt, dass einige Neandertaler tatsächlich rothaarig waren, aber dass dies auf einer Mutation des MC1R-Gens beruhte, welche beim modernen Menschen nicht nachgewiesen werden konnte.
Von Genen, die Keratine betreffen, wurde indessen festgestellt, dass sie vom Neandertaler zu modernen Ostasiaten und Europäern geflossen sind, und mutmaßlich zu einer besseren morphologischen Anpassung von Haut und Haar unter außerafrikanischen Umgebungsbedingungen geführt haben. Dies wird auch für verschiedene Gene angenommen, die in Zusammenhang mit Erkrankungen, wie Typ-2-Diabetes, Primär biliäre Zirrhose, den Autoimmunkrankheiten Lupus erythematodes und Morbus Crohn oder dem Rauchverhalten stehen.
Es wurde ferner argumentiert, dass einige das Immunsystem betreffende Gene vom Neandertaler stammen könnten. Das Gen „HLA-C*0702“ wurde in Neandertaler-Fossilien gefunden und ist bei modernen Europäern und Asiaten häufig, ist aber äußerst selten bei Menschen afrikanischer Herkunft anzutreffen. Es wurde daher unterstellt, dass dieses Immun-Gen nach dem Verlassen Afrikas in den Genpool des Homo sapiens gelangte und es ihm ermöglichte, gegen außer-afrikanische Krankheiten zu bestehen, gegen die der Neandertaler bereits gewappnet war.
In einer Anfang 2017 veröffentlichten Studie wurde untersucht, inwieweit dem Neandertaler zugeordnete Gene in heutigen modernen Menschen bei der Genexpression aktiv sind. Ein Befund war, dass für ein Viertel der seitens des Neandertalers introgredierten Haplotypen cis-wirkende Effekte festgestellt werden konnten. Vom Neandertaler introgredierte genregulatorische Varianten wirken sich phänotypisch aus. Allerdings werden Neandertaler-Allele je nach Gewebeart unterschiedlich exprimiert. So werden solche bei Expressionen von Genen im Gehirn und Hoden häufig herunterreguliert. Besonders im Kleinhirn und den Basalganglien werden diese sehr effektiv unterdrückt.
Im Oktober 2017 wurde das nahezu vollständige Genom einer Neandertalerin rekonstruiert, die vor rund 52.000 Jahren in der Vindija-Höhle lebte. Ein Vergleich mit dem bis dahin einzigen, ähnlich vollständig rekonstruierten Neandertaler-Genom aus der Denissowa-Höhle im Altaigebirge ergab Unterschiede von nur 1,6 Abweichungen pro 1000 Basenpaaren, was bedeutet, dass diese beiden Individuen einander genetisch näher standen als dies bei zwei beliebigen, heute lebenden Menschen der Fall ist. Daraus wurde geschlossen, dass die Neandertaler in einer sehr kleinen Population gelebt haben. Zugleich wurde der Anteil von Neandertaler-DNA am Erbgut der außerhalb Afrikas lebenden Menschen nunmehr mit 1,8 bis 2,6 Prozent ausgewiesen und die anhaltende Aktivität einiger zum anatomisch modernen Menschen übergegangener Gene beschrieben.
Einige vom Neandertaler in die außerafrikanischen Homo-sapiens-Populationen eingebrachten Gene wurden auch bei heutigen afrikanischen Homo-sapiens-Populationen nachgewiesen; aus diesem Befund wurde gefolgert, dass diese Gene dem Genpool der gemeinsamen Vorfahren von Neandertalern und Homo sapiens entstammen. Die Auswanderung relativ kleiner Homo-sapiens-Gruppen aus Afrika habe bei diesen zu einer Reduzierung der genetischen Vielfalt geführt (genetischer Flaschenhals), die Introgression von Neandertaler-DNA habe später einige der zuvor verlorenen Gene wieder in die außerafrikanischen Homo-sapiens-Populationen zurückgebracht.
Tests, in denen das Genom der Denisova-Menschen mit denen von sechs heute lebenden Menschen verglichen wurde – einem „!Kung“ aus Südafrika, einem Nigerianer, einem Franzosen, einem Papua, einem Bougainviller und einem Han-Chinesen – haben gezeigt, dass zwischen 4 % und 6 % des Genoms der Melanesier (vertreten durch den Papua und den Bougainville-Insulaner) mit dem des Denisova-Menschen übereinstimmen. Diese DNA wurde möglicherweise während der frühen Wanderung nach Melanesien in die dortige Population des anatomisch modernen Menschen eingebracht. Diese Interpretation passt zu den Ergebnissen der anderen Vergleichstests, welche eine Zunahme der von Denisova-Mensch und australischen Aborigines geteilten Allele zeigten; als Vergleichsgrundlage hierfür dienten andere eurasische und afrikanische Bevölkerungen. Es wurde ferner beobachtet, dass das Genom der Papuas in Papua-Neuguinea mehr Allel-Übereinstimmungen mit den Denisova-Menschen aufweist als das der Aborigines in Australien. Neandertaler-DNA und Denisova-DNA addiert, ergibt, dass die Melanesier mit etwa 8 % über den weltweit größten Anteil von Erbgut archaischer Menschen verfügen.
Der Genfluss zu den Vorfahren der Melanesier und anderer Populationen in Ozeanien ereignete sich vermutlich unabhängig von jenem zu den Vorfahren der Bevölkerung Ostasiens.
David Reich (2010) von der Harvard University fand in Zusammenarbeit mit Mark Stoneking (1997) vom Team des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie zudem genetische Belege dafür, dass die Aborigines sowie kleinere verstreute Gruppen von Menschen in Südostasien, sogenannte Negrito-Völker wie die Mamanwa auf den Philippinen, ebenfalls DNA der Denisova-Menschen besitzen. Allerdings besitzen nicht alle Negrito-Völker DNA der Denisova-Menschen; bei den Onge, Ureinwohnern der Insel Little Andaman und bei malaysischen Jehai wurde beispielsweise festgestellt, dass diese kein nachweisbares Denisova-Erbgut besitzen. Diese Daten wurden dahingehend interpretiert, dass der Genfluss auf dem südostasiatischen Festland stattgefunden haben könnte und legen nahe, dass die Denisova-Menschen einstmals weit in Ostasien verbreitet waren.
Die das Immunsystem betreffenden Allele der HLA-Gene haben bei dem Versuch, Gene zu identifizieren, die von archaischen Menschen stammen könnten, besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Obwohl es in dem Denisova-Genom nicht enthalten ist, haben das Verteilungsmuster und die Divergenz des „HLA-B*73“-Allels von anderen HLA-Allelen zu der Annahme geführt, dass es durch Introgression vom Denisova-Menschen in die Populationen West-Asiens eingebracht wurde. Tatsächlich sind die Hälfte der HLA-Allele der modernen Eurasier archaische HLA-Haplotypen; woraus geschlussfolgert wurde, dass sie von Denisova-Menschen oder von Neandertalern stammen könnten. Die Häufigkeit dieser Allele bei Homo sapiens deutet auf einen positiven Selektionsdruck für ihre Verbreitung und Beibehaltung hin.
Möglicherweise gab es in Asien neben der Introgression seitens der Denisova-Menschen noch Genfluss von zwei weiteren, bislang nicht näher identifizierten Populationen zum anatomisch modernen Menschen.
Im Jahr 2011 untersuchten Michael Hammer et al. von der Universität Arizona DNA von zwei afrikanischen Jäger-Sammler-Gruppen, den Biaka (auch Aka), einem Pygmäenvolk, und den San, sowie die der westafrikanischen, Landwirtschaft betreibenden Mandinka. Sie folgerten, dass rund zwei Prozent des genetischen Materials in diesen modernen afrikanischen Populationen vor etwa 35.000 Jahren in das Genom der Jäger-Sammler-Gruppen eingefügt wurde. Ferner kamen sie zu dem Schluss, diese Sequenzen müssten von einem heute ausgestorbenen, bislang nicht fossil belegten Taxon der Gattung Homo stammen (vergl. „Ghost lineage“), das sich von der zum anatomisch modernen Menschen führenden Abstammungslinie vor rund 700.000 Jahren abgespaltet hatte.
Im Jahr 2012 wurde von Sarah Tishkoff et al. von der Universität von Pennsylvania eine weitere Studie publiziert. Sie testeten drei sub-saharische afrikanische Populationen – Pygmäen, aus Kamerun, sowie die Hadza und Sandawe, beide aus Tansania. Das Team fand Anzeichen dafür, dass sich Vorfahren der Jäger und Sammler mit Angehörigen bislang nicht näher bekannter Hominini-Populationen, wahrscheinlich vor mehr als 40.000 Jahren, vermischt hatten. Auch der Iwo-Eleru-Schädel wird als möglicher Beleg für das Überleben einer Population mit teils archaischen Merkmalen interpretiert.
Eine im Jahr 2017 publizierte Studie stützte ebenfalls die Hypothese einer Introgression von Genen einer bislang fossil nicht belegten, archaischen Hominini-Population. Dies könnte letztlich bedeuten, dass Homo sapiens in Afrika nicht aus einer einzelnen, regionalen Stammpopulation hervorging, sondern aus miteinander locker verbundenen Gruppen, die über ganz Afrika verteilt lebten und – nach jeweils längerer Isolation voneinander – wiederholt Gene austauschten.
2019 und 2020 wurde die Hypothese erneut in zwei Studien bestätigt. Aus den Ergebnissen der 2019 publizierten Studien wurde geschlossen, „dass der geschätzte Anteil des Neandertaler-Erbguts bei Eurasiern stark von der Präsenz der Geisterpopulation beeinflusst wird“ und die Menge der DNA, die bei Eurasiern von Neandertalern kommt, demnach bis zu dreimal höher sein könnte als bisherige Modelle vermuten ließen. 2020 wurde zudem nicht ausgeschlossen, dass mehrere Populationen zur Introgression beigetragen haben.
Im Februar 2020 wurde eine Studie publiziert, der zufolge es bereits vor 600.000 Jahren zum Genfluss von einer bislang nicht identifizierten, archaischen Homo-Population zu den gemeinsamen Vorfahren von Neandertalern und Denisova-Menschen gekommen ist, deren genetische Marker heute – infolge von späterem Genfluss zu Homo sapiens – auch beim anatomisch modernen Menschen nachweisbar sind.